1. Etappe

Fünfte Etappe: Pragelpass - Braunwald (18. Juli)

Die Nacht im ungewohnten Schlafsack war wohl etwas unruhiger für alle, bis auf Ruedi, der knips sich einfach aus und schläft. Der Tag beginnt noch etwas verhangen, aber die Berggipfel sonnen sich schon im schwachen Morgenrot. Schnell ist gepackt und bereit gestellt, die ausgewaschene Wäsche noch nicht ganz trocken. Morgenessen in der Alpwirtschaft, die Männer sind schon am Käsen, wann haben die wohl gemelkt?

Dann geht es los, eine spezielle Etappe, in ein Gebiet, das ich noch nicht kenne, aber nun endlich kennen lernen werde…

Hinauf zur Silberen auf 2310m in ein Karstgebiet, Kalk durchsetzt mit Spalten und durch Wind, Wasser, Kälte und Erosion, fantasievoll geformte Gesteine. Dementsprechend ist der Weg, oder besser die markierten Abschnitte, auf den Gesteinen zwischen Löchern und Spalten wandelnd.
Immer wieder müssen wir aufpassen dass wir kein Alpensalamander zertrampeln. Diese verharren starr auf dem Weg, wenn sie sich bedroht fühlen, deshalb sind wir immer konzentriert, um keines dieser Geschöpfe zu übersehen.

Die Silbernen ist kein Gipfel, sondern ein flacher Rücken mit einem mehreren Fussballfeldern grossen Plateau. Hätte es kein Markierungen, es fände sich auch kaum einen Weg. Auf dem Abstieg hat Stefan gleichgewichsmässig Mühe mit diesen Begebenheiten.

Auf der Silberenalp treffen wir auf eine Viehherde, die zur hinteren Silberenalp getrieben wird. An ihr vorbei kommen wir ins sogenannte Dräckloch 1774m. Von hier aus sehen wir den langen Weg hinauf zur Brunnalpelihöchi 2350m. Wieder ein solcher Weg, zick zack und nicht einfach zu begehen. Wir kommen an unsere Grenzen, denn den schneebedeckten Sattel sehen wir immer, aber näher scheinen wir einfach nicht zu kommen. Endlich auf der Höhe, sind die Gewitterwolken im Muottatal schon schwarz und bedrohlich. Wir schützen schon mal unserer Rucksäcke mit dem Regenüberzug.
Hinunter zur Erigsmattalp geht es auch wieder über diese Schratten, ein vorwärtskommen für uns mit dem Gewicht nicht einfach.

Nun geht es endlich etwas einfacher und flach in Richtung Bärentritt. Es donnert schon ziemlich rund herum, nur in unserem Zielgebiet ist es noch aufgehellt. In der Nähe einer Schafherde sehen wir eine grosse Gruppe Gämsen, die in Richtung Höch Turm über die Schneehänge davonziehen.

Der Bärentritt ist eine Felswand, wo sich der Weg an Stahlseilen gesichert fast senkrecht hinunter schlängelt. Und genau in dieser Phase schlägt das Gewitter über uns zu. Mitten in der Felswand mit Blitzen über uns und das Donnergrollen, giesst es auf uns wie ein Wasserfall. Ich will nur eins – mit meinen Leuten aus der Felswand raus, aber alles ist nass und rutschig, deshalb ist Geduld gefragt.
Das Adrenalin schiesst durch den Körper, spüre kein Schmerz mehr, nur noch eins – hinunter!

Endlich erreichen wir den Fuss der Felswand, rutschen durch das Geröll hinunter in die ersten Bäume. Mein kurzes Kartenstudium lässt mein Karte in einen nassen Lappen verwandeln. Es sind immer noch 500m Abstieg und wir sind längst nicht mehr in der Zeit.

Noch eine Geländestufe hinunter nach Braunwald, Stefan schläft schon fast während dem Laufen. Anfangs Dorf endlich angelangt, rufe ich ein Elektrotaxi, das uns zum Hotel Adrenalin fährt. Die letzten anderthalb Kilometer gefahren werden – zum Dessert des Tages – völlig durchnässt.

Das Adrenalin lässt nach – und das sogenannte Hotel macht uns erst nicht so der beste Eindruck. Wir suchen für das Nachtessen vergebens eine Alternative, das Braunwald ist entweder schlafend oder alles so auseinandergezogen, nichts zu machen für unsere müden Körper. Also beschliessen wir doch im Adrenalin zu essen. Wir treffen auf den „Hauswart“ wir er sagt (Hauptidealist für dieses, in die Jahre gekommene Hotel ist besser beschrieben) er wirkt sympathisch und interessiert sich für unsere spezielle Reise, das Dinkelbrot ist auch reserviert. So findet der Tag ein gemütliches kurzes Ende, denn wir wollen nur noch eins – ins Bett.

Zuvor habe ich beschlossen, dass wir die morgige Etappe auslassen und mit der ÖV nach Elm fahren. Welch erlösende Aussichten…

Uebrigens ist heute der Alpensalamandertag!